Stimming

Stimming, also selbstregulierendes Verhalten, ist etwas, das ich lange Zeit meines Lebens unterdrückt habe, um nicht aufzufallen. Inzwischen weiss ich es sehr zu schätzen, einerseits weil es mir eben sehr dabei hilft, mich zu regulieren, andererseits auch, weil ich (und andere) daran, wie ich stimme, ziemlich gut ablesen kann, wie mein Stresslevel gerade ist. Hierbei dünkt es mich wichtig zu erwähnen, dass ich oft dieselben Stimms für positiv und negativ wahrgenommene Situationen brauche. Eine Überreizung ist immer anstrengend und verlangt nach Regeneration, aber ich nehme sie nicht immer negativ wahr. Z.B. Wenn ich an eine BDSM-Party gehe, ist die Überreizung vorprogrammiert, aber wenn ich die Party geniesse, empfinde ich es als positiv und es gibt mir auch sehr viel. Und auch noch wichtig, manchmal benutze ich meine Lieblingsmenschen -beziehungsweise deren Haare- um zu stimmen, dies ist dann als Liebesbeweis zu verstehen…

  • Haare kämmen = beruhigend, hilft beim runterkommen
  • Körper reiben = Regulation von Reizen im Moment, hilft beim Denken
  • Wippen = Regulation von Reizen / Emotionen im Moment / nachträglich, hilft gegen Lärm im Kopf
  • Summen = Regulation von Überreizung im Moment / nachträglich, hilft gegen Lärm im Kopf
  • Hände flattern = Aufgeregt / Überfordert 
  • Stämpfeln = Überfordert durch Reize / Emotionen
  • Lippen zupfen = Situation eher unangenehm / überfordernd
  • Rumlaufen = genervt / gereizt / rastlos, hilft beim Denken
  • Nuggi = völlige Überreizung, nicht mehr reden (Alternative: Nagel knabbern)

Planungsregeln

Eines der grössten Themen, die mich in den letzten Jahren begleitet haben, war mein Zeit- und Energiemanagement. Wobei es eigentlich nur ein Energiemanagement ist. Wenn ich Sachen plane, stelle ich mir nicht die Frage, ob ich Zeit dafür habe, sondern, ob ich die Energie dafür habe und wie viel Regenerationszeit mit etwas verbunden ist. Ich habe quasi eine Kostenanalyse durchgeführt und diese danach in anwendbare Regeln übertragen. Diese Regeln helfen mir sehr in der Planung, schränken mich aber natürlich auch ein. Ich muss auf viele Dinge, die ich gern machen würde, verzichten, weil die Kosten dafür einfach zu gross sind. Klare Richtlinien in der Planung helfen mir sehr dabei, mich nicht zu überlasten. Diese Regeln sind aktuell das absolute Maximum und immer, wenn ich mich nicht daran halte (weil noch ein zusätzlicher Termin reinkommt oder ich irgendetwas unbedingt machen will), bereue ich das im Nachhinein.

Damit ihr euch ein besseres Bild machen könnt hier meine Planungsregeln:

  • mindestens 4 Nächte pro Woche allein schlafen
  • maximal 1 Sozialevent pro Tag / 2 pro Woche
  • maximal 1 Termin pro Tag / 2 pro Woche
  • gesamt maximal 3-4 Sozialevents und Termine pro Woche
  • maximal 2 Termine / Sozialevents nacheinander ohne leeren Pausentag
  • maximal 1,5 grosse Sozialevents pro Monat (besser 1)
  • um grosse Sozialevents je 2 leere Tage vorher und nachher
  • mindestens 1 leeres Wochenende pro Monat
  • bei Ferien je 3-5 leere Tage vorher und nachher

Sozialevent = Treffen mit 1-3 Menschen in ruhigem Rahmen
Termin = Arzt, Therapie oder Behörden
Grosser Sozialevent = Treffen mit mehr als 3 Menschen (oder unter vielen Menschen sein, z.B. Party, Jam, Stammtisch, Marktbesuch)
leer = wirklich gar nichts geplant, mein Haus nicht verlassen müssen

Wem jetzt auffällt, dass hier noch gar keine Arbeit berücksichtigt ist, hat damit vollkommen recht. Dies kommt daher, dass ich seit Juni mit autistischem Burnout krankgeschrieben bin und die Regeln meine aktuelle Lebensrealität widerspiegeln. Sobald ich wieder beginne zu arbeiten, werden da noch mehr Regeln dazukommen, die das auch berücksichtigen.

Eine Bedienungsanleitung

Es ist nun schon ein Jahr her, seit ich meine Autismus Diagnose habe, in dieser Zeit ist viel passiert und vor allem habe ich viel über mich selbst gelernt. Vieles, was ich früher nicht verstanden habe, verstehe ich jetzt. In diesem Prozess ist auch eine Bedienungsanleitung für mich entstanden. Teile davon sind wirklich nur für mich wichtig, andere auch für Menschen, welche mit mir zu tun haben. Teile dieser Bedienungsanleitung möchte ich gerne mit euch teilen. Einerseits weil mir hier Menschen folgen, die ich sporadisch treffe, aber doch nicht so gut kenne, dass es angebracht wäre, ihnen die Anleitung direkt zu schicken, andererseits auch einfach um meine Realität und Funktionsweise aufzuzeigen und damit vielleicht etwas mehr Verständnis zu schaffen.