Von Menschen und Beziehungsdefinitionen

Nun, mit einigen Ausnahmen mag ich Menschen nicht. Menschen sind blöd, schaut euch doch die Welt an…

Ich gehöre zu den neurosensitiven und introvertierten Menschen, die viel Zeit brauchen, um Reize aufzunehmen und Dinge zu verarbeiten. Kontakt zu Menschen verursacht viele Reize und Dinge zum verarbeiten. Dies ist anstrengend. Anstrengend kann dabei positiv bis negativ sein. Es kann einfach oder schwierig sein. Aber es benötigt in jedem Fall Energie. Da ich im Vergleich zum Durchschnittsmenschen eher wenig Energie habe, teile ich sie sehr gezielt ein und möchte sie nicht wahllos irgendwelchen Menschen schenken. Und ich möchte sie ganz sicher nicht in blöde Menschen investieren, weil sie mir dann bei den Guten fehlt.

Zudem bin ich eine Beziehungsanarchistin. 
Gemeinhin unterscheidet man wohl zwischen partnerschaftlicher, freundschaftlicher, familiärer, kollegialer und beruflicher Beziehung. Ich verstehe diese Einstufungen und benutze sie auch, wenn ich eher oberflächliche Gespräche führe. Ich empfinde sie aber oft als zu einschränkend. 

Für mich ist die Grundlage jeder Beziehung Verbundenheit, man könnte es auch Liebe nennen. Je verbundener ich mich jemandem fühle, desto wichtiger ist mir diese Person. Wie sich diese Verbundenheit äussert und wie die Dynamik der Beziehung aussieht, ist dabei völlig individuell und sagt nichts darüber aus, wie wichtig mir jemand ist. 
Die Dynamik kann sich verändern, ohne dass dies die Verbundenheit, welche ich für eine Person empfinde, beeinflusst. Und Beziehungen sind fliessend, sie verändern sich. Ständig. Mal langsamer, mal schneller, genauso wie die Menschen, die die Beziehung führen, sich verändern. Mal zueinander hin, mal nebeineinander, mal voneinander weg. Mal verändert sich das Verbundenheitsgefühl mit der Beziehung, mal nicht.

Es geht mir also nicht darum, die Art der Beziehung zu beschreiben, sondern jemandem einen Eindruck davon verschaffen zu können, wie wichtig mir ein Mensch ist. Ich unterscheide mehr darin, wie verbunden ich mich jemandem fühle und weniger danach, welche Dynamik eine Beziehung hat. Wie die Dynamik zu einem bestimmten Menschen ist kann ich dann immer noch ausführen. 
Ich für mich die folgenden Kategorien ausgearbeitet. Natürlich gibt es auch Menschen, die sich zwischen den Kategorien bewegen oder von einer in die andere gewechselt sind…

Lieblingsmenschen, Herzensmenschen, Beziehungsmenschen, 1:1-Menschen

Dies sind Menschen, welche mich jederzeit anrufen können, wenn sie meine Hilfe brauchen. Soweit ich kann, werde ich ihnen helfen. Es sind die Menschen, an die ich denke, wenn ich allein bin, an miteinander geteiltes und gemeinsam erlebtes. Und daran, wie es ihnen wohl geht und was sie machen. Es sind Menschen, denen ich mich sehr verbunden fühle. Menschen, die ich liebe. Menschen, denen ich von ganzem Herzen wünsche, dass es ihnen gut geht. Und Menschen, bei denen ich einen tiefen Trauerprozess im Sinne von “naher Angehöriger” durchmachen würde, wenn sie vor mir sterben. Menschen, mit denen ich 1:1 Kontakt aktiv pflege. Menschen, die in meinem Alltag eine Rolle spielen und mit denen ich kommuniziere und interagiere, sei es schriftlich, telefonisch oder real. Menschen, für die ich gerne einen Teil meiner Energie einplane und hergebe.

Entferntere Lieblingsmenschen 

Dies sind Menschen, mit denen ich früher einen intensiven Lebensabschnitt geteilt habe, wo aber jetzt nur noch wenig oder keine Verbindungspunkte mehr da sind. Vielleicht schreiben wir uns eine Nachricht pro Jahr. Vielleicht etwas mehr oder weniger. Die Verbindung ist schwach, aber das Verbundenheitsgefühl zu ihnen ist nach wie vor stark. Die Dynamik ist quasi eingeschläfert, vielleicht fehlt die Kapazität dafür, vielleicht hat sie aktuell keine Priorität. Wie sie sich weiterentwickelt, wenn sie wieder erwachen sollte, wird sich zeigen. 

Grillen*-Menschen

*Grillen
Damit sind nicht die Insekten gemeint, sondern der Akt der Essenszubereitung über offenem Feuer. Alle paar Monate habe ich das Bedürfnis, die Türen meines Hauses zu öffnen und es mit guten Menschen zu füllen. Diese Anlässe sind bekannt als Dachsbauparty aka gemütliches Beisammensein im Hexenhaus.

Dies sind Menschen, die irgendwann irgendwo meinen Weg gekreuzt haben und hängengeblieben sind. Menschen, die ich mag und in deren Anwesenheit ich mich wohl fühle. Menschen, bei denen ich mich freue, wenn ich sie an Partys oder Stammtischen sehe und ein paar Sätze mit ihnen wechseln kann. Menschen, mit denen die Energie stimmt. Menschen, die ich gern in meiner Nähe habe, bei denen ich aber nicht das Bedürfnis oder die Kapazität habe, viel Energie in die Beziehung fliessen zu lassen. Menschen, die ich an meine Grillen einlade (wenn sie genug nah wohnen), mit denen ich aber nur selten 1:1 Kontakt suche. Ich fühle mich ihnen verbunden, ohne das aktiv vertiefen zu wollen.

Bekannte Gesichter

Dies sind Menschen, welche sich im selben Umfeld bewegen wie ich. Menschen, von denen ich -völlig unberechtigterweise- “weiss, wer sie sind”. Vielleicht habe ich mal kurz mit ihnen gesprochen, sie sind aus irgendwelchen Gründen bekannt in meinem Umfeld oder sie sind mir sonst irgendwie aufgefallen. Vielleicht kenne ich nur ihren (Nick-) Namen oder ihr Gesicht.
Diese Menschen erfüllen ein Spektrum von “könnte vielleicht ein Grillen-Mensch werden” bis zu “blöd”.  Dieser Eindruck ist rein subjektiv und ich bin mir bewusst, dass er nichts über mein Gegenüber aussagt und viel mit meinen ganz persönlichen Vorurteilen zu tun hat. Wenn ich solche Menschen sehe, sage ich vielleicht Hallo, wahrscheinlicher aber versuche ich sie auszublenden. Das ist nicht persönlich gemeint und dient nur meinem ganz persönlichen Energiemanagement.

Die Anderen

Versuche ich so gut wie möglich zu ignorieren. Sorry not sorry, schaut euch doch die Welt an, Menschen sind blöd…